Was mich mit meinem W123 verbindet?

Oft sehe ich meinen Mercedes an und fange an zu schmunzeln, weil ich mich frage was mich mit meinem Auto verbindet? Ist es nur ein Klischee, dass man am Auto eines Menschen seine Persönlichkeit erkennen kann? Wenn ja, was sagt mein Auto über mich aus, ein W123. Bin ich ein gemütlicher alter Hutfahrer? Fragen über Fragen in meinem Kopf. Manche Menschen würden gewiß behaupten, dass der Mercedes Benz W123 ein Auto für Senioren und Pensionisten ist, aber für mich ist dieses Auto viel mehr. Es ist der europäische Amischlitten schlechthin, alles deutet darauf hin. Chrom wohin das Auge reicht, der große Kühlergrill wie bei einem schönen „Cadillac“ und die einzigartige Vielfalt an Lackfarben wie z.B. Surfblau, Ahorngelb, Citrusgrün usw. Natürlich ist es ein Dieselmotor, der zu hören ist wenn ich den Motor starte und kein brüllender V8 Motor, aber dafür beschränkt sich mein Verbrauch auf 8 bis 9 Liter pro 100km. Als ich meinem Bruder meinen W123  für 1€ abgekauft habe, wusste ich nicht was auf mich zukommt. Ich sah nur viel Rost und eine kaputte Servolenkung. Aber nach vielen Samstagnachmittagen Schleifpapier und Spachtelmasse sah er einigermaßen akzeptabel aus. Ich fühlte mich wie in einem Panzer mit Schiebedach, als ich gemütlich über die Landstraßen fuhr. Es waren viel mehr Augenblicke die ich so sehr liebte. Wenn ich heute daran zurück denke, finde ich es war eine sehr unbeschwerte Zeit. Die Freiheit überall hinzufahren ohne mir Sorgen zu machen, dass mein Auto liegen bleibt. Der erste Winter war echt super, Heckantrieb und driften. Dieses Auto war unzerstörbar!
Bestimmt würde ich ihn immer noch fahren, wenn ich nicht nach Wien gezogen wäre. Ein ganzes Jahr hatte ich mit mir selbst gekämpft, ob ich einen neuen Mercedes kaufen soll, schließlich lebe ich in Wien und es gibt genug Verkehrsverbindungen. Doch es quälte mich und ich sehnte mich einfach nach diesem Gefühl der Unabhängigkeit. Also siegte Gott sei Dank das Herz über die Vernunft und ich kaufte mir einen W123 bei "Ebay", diesmal sollte es ein 240D statt einem 200D sein. Zwar war er aus der ersten Serie Bj. 1977, aber das war mir damals egal. Ich wollte ihn von Grund auf neu herrichten, neuer Lack und den ganzen Rost weg, doch es stellte sich schlussendlich raus, dass der Wagen eine Leiche war und auch technisch denn Geist aufgab. Doch wo sich eine Tür schließt öffnet sich eine andere und die Tür öffnete sich in Salzburg wo ich von „Schurli" meine zweiten W123 gekauft habe.

Mittlerweile habe ich bereits meinen vierten W123 gekauft und auf meiner Wunschliste steht noch ein Coupe. 

Mir ist selbstverständlich bewusst, dass mein Mercedes ein Langzeit Projekt ist, aber dieses Auto ist für mich wie eine gute treue Frau die man nicht gleich aufgibt nur weil sie etwas zickt.

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